Hamburg hat ein neues Einkaufszentrum! So liest man derzeit on- und offline häufig über die Eröffnung des Unibail Rodamco Westfield Überseequartier, kurz: Westfield. Aber wird man dem Quartier damit gerecht? Nein. Denn das Westfield ist viel mehr als nur ein Einkaufszentrum. Zum Westfield gehören Wohnungen, Büros, Entertainment (Kinopolis, Port des Lumières, MaxMotion 7D-Cinema, LEGO Discovery Centre (t.b.a.), KJ Adventure World), Gastronomie und Einzelhandel.
Manche/r mag sofort denken, dass sich die Wohnungen niemand leisten kann. Doch, ganz sicher, nur eben nicht jeder. Die Klientel ist da; ist Hamburg doch z.B. die Stadt mit den meisten Millionären in Deutschland.
Ja, Hamburg braucht dringend mehr bezahlbaren Wohnraum, aber mal ehrlich: Dass das nicht immer mit Elbblick umsetzbar ist, dürfte nachvollziehbar sein. Bezahlbarer Wohnraum ist dringend nötig. Das jedoch ist nicht Aufgabe von Projekten wie dem Westfield. Hier ist die Stadt Hamburg gefragt. Übrigens: Allein im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel gibt es über 2.600 Einheiten airBnB. Ob das alles Wohnungen sind, die „normalerweise“ regulär bewohnt werden? Man darf zweifeln. Aber ich schweife ab …

Die einen beschweren sich, es wäre nur ein Shoppingtempel für die oberen zehntausend, die anderen sagen, mit H&M, Thalia, BijouBrigitte, Budni, Schuback, Budni & Co. wäre es nix Besonderes/wäre so, wie alle sind. Na, was denn nun? Antwort: Vielseitig. Der Einzelhandelsmix ist bunt. Und nur, weil einem nicht alle Läden gefallen, gleich das ganze Viertel verdammen? Lieber nicht. Denn das Westfield hat Potenzial. Großes sogar. Denn weitere Eröffnungen werden für weiteren Hype sorgen – z.B. bei Eröffnung des LEGO Discovery Centre und der im Herbst erwarteten Einweihung des Kreuzfahrtterminals.
Die Gangways liegen bereit, aber noch wird geschraubt. Dennoch: Den Blick auf die Elbe kann man schon jetzt genießen; von West nach Ost. Von den Hafengiraffen im Westen bis zum Elbtower im Osten (und vielleicht auch mal mit Blick auf Hamburgs neue Oper?!). HIER mehr dazu lesen. Platz zum Flanieren ist da; das bunte Angebot der Gastronomie wird sehr gut angenommen. Ja, das alles mag wenige Tage nach der Eröffnung noch nicht repräsentativ sein, aber ein guter Start ist viel wert.

Was traurig stimmt: Während der Errichtung des Westfield kamen mind. sechs Menschen auf der Baustelle ums Leben. Die Kosten für den Bau stiegen von 860 Millionen auf 2,4 Milliarden Euro. Über eine dieser Nachrichten wird man in ein paar Monaten noch sprechen, und es werden nicht die Arbeiter und deren hinterbliebene Familien sein. Westfield, hier besteht Handlungsbedarf: Aufklärung, Information, Aufarbeitung, Entschädigung, faire Löhne. Mindestanforderung: Das darf sich an anderer Stelle nicht wiederholen!
Das Westfield und die Innenstadt – Ergänzung, nicht Konkurrenz
Es ist nicht zu übersehen: Der Einzelhandel in Hamburgs Innenstadt kämpft vielerorts ums Überleben. Verantwortlich dafür sind aber weder mangelnde Parkmöglichkeiten, noch das Westfield. Der weitaus größte „Feind“ des stationären Einzelhandels ist der Onlinehandel, der durchaus Vorteile hat: größere Auswahl, einfachere Preisvergleiche, unkompliziertere Möglichkeiten des Umtauschs, bequeme Lieferung an Haustür oder Packstation usw. Dies bedeutet nicht das Ende des Einzelhandels, aber es muss ein Umdenken stattfinden: Was bewegt Konsumenten, trotz der Vorteile des Onlinehandels shoppen zu gehen? Wesentlich ist hierbei sicher die Aufenthaltsqualität. Der Mix macht’s: Das Westfield überzeugt durch den Mix aus Shopping, Gastronomie, Entertainment. Hinzu kommt die tolle Atmosphäre unter dem Glasdach (man fühlt sich drinnen und gleichzeitig draußen) und der Blick auf den Hafen.
Hiermit kann das Westfield eine Ergänzung für die Innenstadt sein, die noch längst nicht tot ist: Die Erreichbarkeit ist durch ÖPNV und zahlreiche Parkhäuser gegeben, weniger Individualverkehr schafft Freiräume für Fußgänger, Radfahrer, Außenflächen von Gastronomie, Pop-up-Stores, Musik, Freizeitaktivitäten uvm.
Wichtiger Faktor: Die Mieten in der Innenstadt. Es müssen Anreize geschaffen werden, dass sich auch nicht-Fillialisten an Eröffnungen in der City wagen. Die Mieten sind ein wesentlicher Faktor dessen. Das Klöpperhaus (ehem. Kaufhof-Gebäude an der Mö) macht vor, wie es gehen kann: Umbau auf Büros, Einzelhandel, Entertainment und Stadtwohnungen. Innerstädtische Einzelhandels-Monokultur wird zu Lebensraum, Kaufhaus (auch) zu Wohnungen. Das erhöht die Belebung der Stadt auch nach 20 Uhr. Davon brauchen wir mehr!
Rathausquartier, Kontorhausviertel, Steinstraße, Jungfernstieg /Neuer Jungfernstieg – Beispiele für die angepeilte/teilweise bereits umgesetzte Steigerung der Aufenthaltsqualität in Hamburgs Innenstadt. Mit dem richtigen Einzelhandels- und Gastronomie-Mix werden sich Westfield und Innenstadt nicht konkurrieren, sondern ergänzen. Mit der U4 fährt man lediglich drei Minuten …
Das Westfield lässt die City ausbluten? Nur, wenn man an der Vergangenheit festhält.
Hamburg, erkenne und nutze Deine Chance!

Westfield Hamburg
Visualisierung: https://www.moka-studio.com/
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