Wenn es kalt wird in Hamburg: #wärmegeben

In Hamburg sind mehr als 32.000 Menschen wohnungslos; mehrere tausend obdachlos! * Und ja, wir wissen, man muss sich Gedanken über den Ursprung dieser immensen Zahl machen und man muss den Menschen auch mittel- und langfristig helfen (Housing first!). Bei drohenden Minusgraden jedoch ist die akute Hilfe am wichtigsten. Wie man helfen kann? Z.B., wenn jemand auf der Straße offensichtlich Hilfe benötigt.

  1. Respekt.
  2. Ansprache.
  3. Hilfe.

Die Hilfe besteht z.B. darin, den Kältebus (oder direkt den Notarztwagen) anzurufen. Speichere die Nummer 0151 – 65 68 33 68 für Hamburg JETZT (!) in Deinem Handy ab. Sprecht die Person vorher an! Das ist manchmal nicht einfach, ich weiß: „Soll ich sie/ihn ansprechen oder hat er gerade endlich in den Schlaf gefunden?“ Lieber einmal zu viel als zu wenig fragen …

Wenn Ihr obdachlosen Menschen aktiver helfen möchtet, dann schließt Euch bitte bestehenden Organisationen an (eine Auswahl am Ende dieses Blog-Beitrags), erkundigt Euch dort und/oder macht dort mit! Es ist in den meisten Fällen kontraproduktiv, Obdachlose direkt auf deren „Platte“ zu versorgen! Denn wenn den Obdachlosen der Antrieb fehlt, sich mit Lebensmitteln zu versorgen oder an Ausgabestellen eine Decke/eine neue Jacke zu besorgen, fehlt oft der Antrieb, sich zu bewegen. Und Bewegung ist lebenswichtig.

Bitte nicht missverstehen: Nichts spricht dagegen, z.B. einem Obdachlosen ne Jacke, nen Kaffee oder ähnliches zu geben! Aber BITTE: fragt die Menschen nach ihren Wünschen und Bedarfen! SEHT SIE! Ein „Hallo“ und ein „Brauchst Du was?“ ist wichtig! Wenn jemand Probleme mit den Zähnen hat, sind Äpfel zwar gesund, aber nicht praktikabel. Schoko-Nikoläuse werden im Winter gern verteilt – um den Zuckerschock und die folgende zahnärztliche Versorgung müssen sich dann andere kümmern.

 

 

 

 

Gehe bitte nicht davon aus, dass alle Obdachlosen Alkoholiker sind. Lass nicht das Kleingeld stecken, weil Du „deren Sucht nicht finanzieren willst“. Bedenke: So bitter das ist, aber auch Alkohol rettet Leben.

Wenn Du unbedingt auf der Straße verteilen möchtest, um ein Foto zu posten, dann hinterfrag Dich bitte, ob die Aktion wirklich den Obdachlosen hilft. Empathie – ein Begriff, der so inflationär genutzt, aber viel zu selten umgesetzt wird.

Stell Dir vor, Du lebst auf der Straße. Es ist kalt. Nass. Plötzlich stehen fremde Menschen vor Dir. Sie drücken Dir Äpfel in die Hand, die Du nicht beißen kannst. Und den achten Kaffee – abends um neun. Aber Du kommst auch ohne Kaffee nicht in den Schlaf. Ein Handy-Blitzlicht lässt Dich zusammenzucken. Du sollst lächeln und dankbar gucken…

Nach über 12 Jahren in der Obdachlosenhilfe in Hamburg möchte ich hier nur Anregungen geben. Zum drüber-Nachdenken und/oder MACHEN. Wenn Ihr Menschen seht, die Betteln, dann nehmt sie wahr! Wenn Ihr jemanden seht, der evtl. Hilfe braucht: handelt! Eure Hilfe kann Leben retten!

Wo Du helfen kannst: Hanseatic Help sammelt Kleidung, Schlafsäcke und vieles mehr und verteilt dies an Hilfsorganisationen. Hier wird u.a. Hilfe zum Sortieren gesucht. Der Kältebus des Cafée mit Herz bringt bedürftige Menschen in die Notunterkünfte/führt Sie medizinischer Versorgung zu. Der Mitternachtsbus der Diakonie versorgt Menschen auf der Straße mit Getränken, Decken – und Gesprächen. Der Hamburger Gabenzaun bietet vielseitige Hilfe: von Lebensmittel, Tierfutter, Hygieneartikel.

Hilfsorganisationen (schreibt uns gern, wen wir ergänzen können/sollen):

Zu den auf dieser Seite abgebildeten Fotos: Für und mit der (nicht mehr existenten) Organisation Antikältehilfe e. V. waren neben mir zahlreiche wunderbare Menschen in Hamburg (vorrangig auf St. Pauli, aber auch in der City) unterwegs. Der Anfang liegt viele Jahre zurück; das Hilfsangebot für die „Nachbarn ohne Wohnung“ hat sich drastisch geändert. Heute würden wir anders agieren.

Aus aktuellem Anlass: Menschen in meinem Umfeld sagten zu mir, dass sie Hinz und Kunzt (die Hamburger Obdachlosenzeitung) nicht mehr unterstützen, weil die bettelnden Verkäufer nerven. Bitte differenzieren: „Echte“ Hinz und Künztler dürfen z.B. nicht betteln und der Verkauf der Zeitung in Bussen und Bahnen ist untersagt. Es gibt einen Verhaltenskodex für Verkäufer (m/w/d); wenn sich ein Verkäufer nicht daran hält, ist es sinnvoll, dies an H&K zu melden. Wirf mal nen Blick auf den Kodex; durchaus gut zu wissen!

P.S.: Klaus, ich vermisse unsere Gespräche am Gerhart-Hauptmann-Platz noch immer! 😉

* Quelle: NDR